🥇 Einmal Schottin für immer, bitte! / Katherine Collins

Veröffentlicht am 30. Mai 2022 um 16:03

Meine, deine, unsere - und welche Schwierigkeiten damit zusammenhängen können

Rezension in Text 📝 [] & Ton 🔊 [ ↳ ]

📝 Inhalt

"Einmal Schottin für immer, bitte!" / Katherine Collins

Verena soll ihre 15 Jahre alte Halbschwester Zoe zur Hochzeit einer weiteren Halbschwester von Deutschland nach Schottland eskortieren. Der Teenager erweist sich gelinde gesagt als schwierig und Verena stolpert von einem Missgeschick ins Nächste. Von ihrer Familie nicht wertgeschätzt und als preiswerter Dompteur für den Teenager missbraucht, ist es für sie schwierig, die sich entwickelnde Beziehung zum Bäcker der Hochzeitstorte, Rory, wahrzunehmen, geschweige denn zu bewerten oder aktiv zu gestalten. Dementsprechend holprig verlaufen die Begegnungen mit dem Konditor zwischen mehrmaliger Tortenschlacht, Fußverletzung und einem versenkten Boot.

 

Die Sache mit den Namen liegt mir nicht…

Um es gleich vorweg festzuhalten: Mit diesem Roman hatte ich meine Schwierigkeiten. Ich bin ein bekennender Namensidiot. Bombardiert mich ein Roman mit allzu vielen Namen und Beziehungen in für meinen Denkapparat zu gedrängter Folge, kämpfe ich immer mit Schwierigkeiten, den Überblick über die handelnden Personen und ihre Beziehungen zueinander zu behalten. (Lese ich irgendwelche russischen Schinken, orientiere ich mich kaum am Lesen, sondern eher am Schriftbild, das ein Name abgibt.) In diesem Roman von Katherine Collins habe ich mir nach anderthalb Kapiteln gesagt, dass es wohl besser wäre, noch einmal von vorne anzufangen, um alle Charaktere erneut und damit besser zu sortieren. Genau das habe ich dann auch getan. Ist die Besetzung der Lovestory so kompliziert ausgestaltet, wird zu viel Vorwissen aus den anderen Bänden der Reihe vorausgesetzt oder gerät die Vorstellungsrunde einfach zu komprimiert? Ich denke, das muss jeder für sich selbst herausfinden. Ich musste auf jeden Fall die teilweise merkwürdigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Halbgeschwistern zweimal sortieren, bevor ich wirklich einen sicheren Überblick hatte, wer wie mit wem verbandelt ist. Es gibt sicher andere Leser, die das schneller hinbekommen. Der Start mit diesem Werk ist bei mir persönlich also ein bisschen unharmonisch ausgefallen.

Immer erst mal loben!

Was mir an diesem Roman sehr gut gefallen hat, ist die sorgfältige handwerkliche Arbeit, die dahinter steckt: Die Rechtschreibung sowie die Zeichensetzung und Grammatik sind ausgezeichnet; leider findet man so etwas heute nicht mehr oft. Mir gefällt das; dafür bekommt ein Werk bei mir immer Pluspunkte.

Die Geschichte ist insofern neu und in ihren Motiven unverbraucht, als es hier darum geht, wie eine Patchworkfamilie aussehen und funktionieren kann. Verena ist hier sozusagen das Sandwichkind zwischen einer älteren sowie einer jüngeren Halbschwester und hat keinen einfachen Stand im Gesamtgefüge der Familie, weil sie weder vom Stiefvater noch von der leiblichen Mutter oder den Halbgeschwistern Wertschätzung erfährt. Dieses Arrangement des Plots war für mich völlig neu - und es ist natürlich zu loben, wenn es einer Autorin gelingt, in dem stark frequentierten Genre des Liebesromans eine neue Skizze hinzuzufügen.

So wirkt der Roman auf mich: Gut oder schlecht – da bin ich mir gar nicht sicher

Immer wieder zu lesen, mit welcher Missachtung Verena durch ihre Eltern und ihre Stiefgeschwister behandelt wird, hat mich restlos auf die Palme gebracht. Zoe führt sich auf wie die Axt im Wald und Verena muss es immer wieder ausbaden, während die Eltern ebenso unverständlich wie feige und faul ihre Erziehungspflichten auf die 22-Jährige abwälzen.

Solche Eltern benehmen sich indiskutabel.

Ich habe mir beim Lesen immer wieder die Frage gestellt, warum Verena sich nicht wehrt; ich fand es buchstäblich schwer auszuhalten, während der Handlung mitzuerleben, wie sie daran gehindert wird, ein eigenes Leben zu führen, von anderen Menschen unvoreingenommen und ohne den Schatten der sie förmlich umschwirrenden Katastrophen wahrgenommen zu werden oder eben auch eine Beziehung, wie die zu Rory, zu entwickeln. So ein Buch stresst mich beim Lesen, kann mir nicht gefallen. Ich mag es in diesem Roman nicht, wie die Hauptperson behandelt wird - und handelt, indem sie eben nichts gegen die ständigen Ungerechtigkeiten unternimmt, mit denen Sie sich herumschlagen muss. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob es sich hier um einen guten Kunstgriff der Autorin handelt oder nicht… Erzählt sie so packend, dass ich mich meinem Zorn nicht entziehen kann - oder verbaut sie versehentlich den Weg dahin, das Werk mit Genuss zu lesen?

Übrigens: Diese an Lethargie grenzende Duldsamkeit halte ich persönlich nicht für einen typischen Charakterzug von Menschen, die im Leistungssport unterwegs sind bzw. waren, so wie Verena. Dort konnte sie sich zwar letztlich nicht bis in die Spitzenklasse durchsetzen, aber, wer grundsätzlich Leistungssport treibt und damit die oberste Stufe auf dem Siegertreppchen anstrebt, muss sich durchsetzen können und willensstark sein. Genau diesen Eindruck vermittelt Verena über weite Teile des Romans für mich nicht. Mit bzw. auf einem verletzten Fuß laufen kann sie - ihren Eltern und Zoe die Stirn bieten nicht. Diese Diskrepanz hat mich irritiert: Entweder ich kann etwas aushalten oder eben nicht …

Auch Märchen brauchen Glaubwürdigkeit

An vielen Punkten schien mir die Geschichte von Verena; Zoe und Rory einfach nicht glaubwürdig. Ja, ich kenne zumindest eine Person in meinem Freundeskreis, die das Unglück anzieht wie Honig die Bienen - da passieren ganz unerklärliche Dinge im Umfeld dieses Menschen. Verena ist auch so ein Unglücksrabe und doch war es mir zu viel an Pleiten, Pech und Pannen, was sich um diese eine Person herum anhäuft. Am Ende wird gar noch ein Boot versenkt. Das wirkte auf mich wirklich übertrieben. Diese gesamte Bootstour schien mir im Vorfeld einer Hochzeit unplausibel.

Ja, ich weiß, es ist ein Widerspruch, wenn man in einer fiktiven Geschichte ein gewisses Maß an Plausibilität erwartet, aber ich fürchte, genau das tue ich. Das unerhörte Verhalten von Verenas Eltern, die unmögliche Art von Zoe, die ganze Hotelzimmer in Schutt und Asche legt – das nimmt doch niemand hin, oder?

Rory, der Gefühle für Verena entwickelt, bleibt mir alles in allem als Person ein wenig zu blass. Insgesamt konnte mir das Buch nicht wirklich vermitteln, was ihn an Verena anzieht. Er hält sie lange für minderjährig, weil sie jünger aussieht als sie ist. Die Autorin spielt ziemlich ausführlich mit dem Motiv, dass Rory sich dementsprechend mit Sex zurückhalten will, während Verena frei heraus feststellt, dass sie Sex mag.

Fazit

Vieles gut, aber vollkommen überzeugt hat mich das Werk insgesamt nicht. Daher insgesamt gerne vier ✪✪✪✪.

PS: Mit dem Titel konnte ich in Bezug auf das Werk wenig anfangen.

Cover von "Einmal Schottin für immer, bitte!" - Katherine Collins

🔊 Und hier die Buchkritik von "Einmal Schottin für immer, bitte!" zum Nachhören

Teil 1

Teil 2


Technische Daten zum Buch / Impressum

Erstausgabe Mai 2022

Copyright © 2022 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Made in Stuttgart with ♥
Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96817-949-0
Taschenbuch-ISBN: 978-3-98637-675-8

Covergestaltung: Buchgewand unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com: © Martin M303 shutterstock.com: © Paul shuang depositphotos.com: © helgakotenko.gmail.com
Lektorat: Buchgezeiten


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Herzlichen Dank an dp!

Die DIGITAL PUBLISHERS GmbH hat mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, wofür ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte! 😘


Bei dieser Rezension handelt es sich um eine Form unbezahlter Werbung.

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