Gegensätze ziehen sich an - und sind spannend!

Rezension in Text 📝 [↓] & Ton 🔊 [ ↳ ]

⚾ Saskia Louis hat mit "Homerun zu dir" eine weitere Sportsromance zu ihrer Reihe "Baseball Love" hinzugefügt.

📝 Inhalt

Jack ist ein richtiger Bad Boy der Sportszene: Ein Skandal reiht sich an den anderen begleitet von einer rekordverdächtigen Zahl an One Night Stands, bis er betrunken einen Spielplatz demoliert und daraufhin zu Sozialstunden verurteilt wird. Die soll er in einem Kindergarten ableisten, ausgerechnet unter Aufsicht jener Erzieherin, die ihn angezeigt hat. Olivia hat den erfolgreichen und extrem gutaussehenden Profi-Sportler bereits "gefressen", bevor er auch nur seine Strafe angetreten hat.

Keine guten Voraussetzungen, um miteinander friedlich auszukommen. Oberflächlich betrachtet geben Olivia und Jake nur eine Ansammlung krasser Gegensätze ab, die niemals zueinander finden werden. Doch nach und nach lernen sie am jeweils anderen Eigenschaften und Qualitäten schätzen, die sie unter besagter Oberfläche nicht vermutet hätten. Jake entdeckt - für sich selbst überraschend - sein Herz für Kinder. Olivia muss feststellen, dass all die Lehrsätze, die sie den von ihr betreuten Kindern mit auf den Weg gibt, keine Anwendung finden, sobald es um sie selbst geht.

Nachdem sowohl Olivia wie auch Jake sich eingestehen müssen, dass sie anfangen, sich für das zu interessieren, was hinter der Fassade ihres Gegenüber liegt, beginnt ein interessantes Versteckspiel - oder auch eine Entdeckungsreise, je nach Standpunkt …

Wie das Werk auf mich wirkt

Unterhaltsam.

Klug.

Ja, da befindet sich eine Oberfläche, an der vielleicht der ein oder andere Leser aufhört zu denken. Die typische Liebesgeschichte eben. Eine der unzähligen modernen Versionen von Aschenputtel, bei der der umschwärmte Multimillionär und Sportstar sich einer "einfachen" Erzieherin zuwendet. Klassisches Muster. Soll uns Normalsterbliche animieren zu träumen. Klappt ja auch.

Die Beigaben sind es, die Liebesgeschichten für mich wirklich interessant machen. In diesem Roman haben wir es mit zwei Protagonisten zu tun, die ein problematisches Verhältnis zu ihren Eltern pflegen, wobei der Begriff problematisch das Ausmaß der Schwierigkeiten in der Beziehung wohl nur unzureichend beschreibt. Gut beobachtet und mit leichter Hand beschrieben skizziert Saskia Louis, wie schon in der Kindheit ein gutes Verhältnis zu Mutter oder Vater in einer lebensbestimmende Schieflage geraten kann. Wie viele Leserinnen mögen so etwas, sei es temporär oder dauernd, selbst schon erfahren haben? Mussten erleben und ertragen lernen, das die Götter der Kindheit ähnlich ahnungslos durchs Leben stolpern wie sie selbst und alles andere als allwissend oder gar allmächtig sind?

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Zitat aus dem Roman und mehr oder weniger Ballast für jedes Leben: „Als Kind wird einem nie erklärt, dass Eltern auch nur Menschen sind.“

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Es interessiert mich, auch, wenn die Geschichte rein fiktiv ist, zu lesen, wie andere Menschen als ich selbst mit dieser schwierigen Tatsache umgehen mögen. Ob es sich dabei um Fiktion handelt oder nicht – ich kann etwas durch die Lektüre lernen, meinen Blickwinkel verändern, erweitern, um vielleicht durch die aus der Geschichte gewonnenen Erfahrungen aus zweiter Hand mein eigenes Leben besser in den Griff zu bekommen.

Übrigens: Weil das grundsätzlich funktioniert, sind Leser nachweislich empathischer oder im Beruf in neuen Situationen belastbarer als Menschen, die nicht lesen.

Der Konflikt

Keine gute Geschichte ohne Konflikte.

In "Homerun zu dir" wird nicht nur über problematische Verhältnisse zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs nachgedacht, sondern auch darüber, wie ein Leben im Fokus der Medien aussehen kann und wie es sogenannte Stars beeinflussen mag. Es lohnt sich, darüber nachzudenken und auch die eigenen Sicht- bzw. Verhaltensweisen einmal kritisch zu überprüfen.

Der Erzählstil

Saskia Louis verfügt über einen feinen Humor. Spannung und Humor sind wie ein Schmiermittel, das, jeweils richtig und behutsam dosiert, bestens geeignet ist, um Leser durch eine Geschichte zu tragen. Ich habe mich teilweise bei den hoch ironischen inneren Monologen vor allen Dingen von Olivia köstlich amüsiert.

Ob das anderen Lesern auch so geht? Ich vermute schon, aber beim Humor handelt es sich um eine sehr individuelle Eigenschaft: Was der eine ausgesprochen komisch findet, reizt den anderen nicht unbedingt zum Lachen. So gesehen lässt sich das Prädikat "Komisch!" nicht unbedingt generell verleihen.

Die Story

Ja, die ist definitiv Teil einer Buchreihe mit geradezu aberwitzigen Querverbindungen zwischen den Protagonisten - aber genau das kauft man, wenn man einen Band einer Reihe erwirbt. Jeder kennt jeden; Protagonisten mit Vorgeschichte tauchen immer wieder auf, um auf eben diese Vorgeschichte zu verweisen und so Leser neugierig zu machen. Das ist legitim, solange es nicht aufdringlich geschieht, was im vorliegenden Roman nicht der Fall ist. Also: Nix zu meckern dazu. Das Phänomen, das Personen wie Dominosteine in einem einzigen Spiel, einander anstoßen, sodass sich immer neue Berührungspunkte ergeben, gehört zum Wesen der Sache. Wen das stört, der sollte Bände von Buchreihen beim Lesen / Kauf schlichtweg meiden.

Fazit

Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, mal wieder wenig geschlafen, weil sich im Bett so schön schmökern lässt, aber was soll's. Der Unterhaltungswert stimmt, der Spannungsbogen hält definitiv wach.

Gerne ✪✪✪✪✪.

PS: Das war definitiv das Buch mit den meisten "... "am Ende von Sätzen, das ich je gelesen habe. (Ich neige auch dazu - eine Lektorin hat mir genau das einmal gründlich "ausgetrieben." 😊 Vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen. Aber das ist Geschmackssache.