Vergriffen! Ich habe das falsche Buch erwischt – meine Schuld …
… also nehmt meine Bewertung nicht zu ernst!
Rezension in Text π [↓] & Ton π [ β³ ]
π Inhalt
β‘ Der Roman "Es bleibt die Schuld" von Ursula Großmann beginnt auf einem Klassentreffen. Hier begegnen sich beinahe schon alle wichtigen Protagonisten der kommenden Handlung: Svenja, die eine Nachhilfeschule betreibt. Philipp, der manchmal gerne mehr wäre und der auch einmal mehr war als ihr guter Freund. Der beißend zynische Mark, der an Svenja ebenfalls interessiert ist. Der Unternehmensberater Dennis, der seine Verlobung auflöst, um mit Svenja eine Beziehung zu beginnen. Manchmal hat man den Eindruck, einen Liebesroman zu lesen, denn die Entwicklung der Partnerschaft zwischen Svenja und Dennis nimmt viel Raum ein.
Immer wieder kommt es zu Szenen voll Spannung und Aggression, mal zwischen Svenja und Dennis, mal zwischen Svenja und Mark, bisweilen zwischen Svenja und Philip. Auch die Begegnungen, die zwischen Svenja und Dennis‘ Familie stattfinden, verlaufen angespannt, die mit seiner Ex-Verlobten Kirsten sowieso.
Unentrinnbar entwickelt sich die Handlung auf eine Katastrophe zu, die in letzter Konsequenz für den Leser aber dann doch in ihrer Form [wohl für die meisten] überraschend ausfällt.
So wirkt der Roman auf mich
Ich bin immer wieder verblüfft, wie entscheidend, nachhaltig wirksam und prägend Erfahrungen in jungen Jahren sind. Klassentreffen zu besuchen bedeutet sozusagen, eine Art Erinnerungsalbum in diese jungen Jahre aufzuschlagen. Wer an einem solchen Treffen teilnimmt und nicht lediglich in nostalgischer Verklärung seiner Kinder- bzw. Jugendjahre schwelgt, wird wahrscheinlich erstaunt sein, wie präsent plötzlich alte Erfahrungen aufblitzen, wie unüberbrückbar Gegensätze geblieben sind, wie unterverheilt manche Verletzung schmerzt, als wäre sie gerade erst entstanden. Meine Neugier auf den Titel kam dadurch zustande, dass die Handlung auf einem Klassentreffen ihren Ausgangspunkt nimmt. Ich war schlichtweg gespannt darauf, ob meine Sichtweise auf Klassentreffen sich in dem Roman widerspiegeln würde oder nicht.
So bin ich irgendwie in ein Buch geraten, das mir am Ende wenig zugesagt hat. Aber: Das ist mein Problem und mein Urteil über den Roman stellt wirklich bloß eine sehr persönliche Meinungsäußerung dar.
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Laut Wikipedia handelt es sich bei einem Thriller um einen Film, Roman oder ein Theaterstück, worin Spannung und Nervenkitzel erzeugt werden. Pech, dass bei mir geradezu das Gegenteil bei der Lektüre von „Es bleibt die Schuld“ der Fall war. Ich habe mich ab einem bestimmten Punkt gelangweilt. Das ist beim Lesen eines Thrillers nun wirklich kontraproduktiv. Etwa nach dem ersten Drittel des Buches fühlte ich mich enttäuscht, wenn beispielsweise eine Ankündigung der Autorin erfolgte, die darauf hindeutete, dass die Handlung eine unerwartete Wendung nähme oder dass man als Leser (Endlich!) eine Information erhielte, die die Verflechtungen der Handlungsstränge plausibler erklärt.
"Red Herrings", also falsche Köder, die mich als Leser auf eine falsche Fährte locken sollen, Hinweise, die sich am Ende als gegenstandslos bzw. unwichtig für die Handlung erweisen, müssen extrem gekonnt eingesetzt werden, sonst erzeugen sie Erwartungen, die sich bei der Lektüre nicht erfüllen: Da hängen dann sozusagen lose Enden meiner Emotionen als Leserin unverarbeitet im Raum herum. Bei mir blieb oft sogar die amüsiert-staunende Erkenntnis "Ah - so hat mich die Autorin also abgelenkt!" aus. Stattdessen kochte die selten zufriedenmachende Frage hoch: "Was soll das?" Die Erwartungshaltung, die am Ende mancher Kapitel bei mir erzeugt wurde ("Das sollte sich noch erweisen!" - Was hat sich im nächsten Kapitel dann geklärt? Nix.) wurde mehrfach enttäuscht. Es ist immer schwierig, wenn ein "Kunde" nicht erhält, was ihm oder ihr versprochen wurde. Dann entsteht Unmut. Genau das ist bei mir im Verlauf der Lektüre des Romans passiert.
Das letzte Drittel des Romans habe ich wirklich nur noch quer gelesen, empfand die einzelnen Szenen als unangenehm lang, ohne dass sie wirklich substanzielle Inhalte zu vermitteln. Manchmal entstand bei mir der Eindruck, als unterschätze der Text permanent den Leser: Der muss nicht alles episch breit ausgewalzt und mehrfach serviert bekommen, um zu verstehen. Kürzer ist mehr.
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Ich denke, hier besteht eine große Herausforderung an jemanden, der Thriller schreibt: Einerseits muss der Leser gespannt auf Enthüllungen warten; dauert die Wartezeit jedoch zu lang oder wirken die aufgedeckten Inhalte unbefriedigend, kippt das Leseklima von interessiert nach unwillig. Genau so ist es mir ergangen. Die Lage dieses Kipppunktes wird sicher sehr individuell wahrgenommen: Der eine Leser wird sagen, dass im vorliegenden Thriller großartig mit Ungewissheiten jongliert wird – der Nächste wird genau dieses In-der-Luft-Halten von Bällen, die Schwebe, in der der Autor die Handlung hier, da und dort hält, als ärgerlich empfinden.
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Ein weiterer Punkt, an dem ich mit dem Buch inhaltlich kollidiert bin: Ich persönlich verstecke mich nicht ängstlich vor einer vermeintlichen Bedrohung - ich will genau wissen, womit ich es zu tun habe, gehe darauf zu und lasse es eher zu einer Konfrontation kommen, als im Ungewissen zu verharren. Die Hauptfigur Svenja und ich - wir passen einfach nicht zusammen. Auch das hat es mir schwergemacht, den Roman mit Vergnügen zu lesen. Mein Problem.
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Phasenweise hatte ich den Eindruck, bei der Lektüre in einem Liebesroman gelandet zu sein, bei dem die Motive eines Paares, eine Beziehung einzugehen, auf immer neue Art beleuchtet werden. (Nicht alle Wendungen des Plots schienen mir in diesem Zusammenhang plausibel.) Drohungen, gefährliche Situationen, Angst und Aggressionen kommen als typische Elemente des Thrillers hinzu. Ja, da zieht sich durchaus spürbar eine Schlinge zu, wie das für ein Buch, das von der Spannung lebt, sein sollte. Mir waren aber viele Szenen einfach viel zu lang, um die Spannung zu halten. Genau die Empfindung, ob der Spannungsbogen aufrechterhalten werden kann oder nicht, ist individuell sehr verschieden. Mein Urteil kann und will ich da nicht zum Maßstab machen.
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Fazit
Nicht das richtige Buch für mich. Ein ganz persönliches Urteil.
Insgesamt βͺβͺβͺ.
π Und hier die Buchkritik von "Es bleibt die Schuld" zum Nachhören
Technische Daten zum Buch / Impressum
Überarbeitete Neuausgabe Februar 2022
Copyright © 2022 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Made in Stuttgart with ♥
Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-96817-737-3
Taschenbuch-ISBN: 978-3-98637-496-9
Copyright © 2015, dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2015 bei dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH erschienenen Titels Schwärzer als Weiß (ISBN: 978-3-94529-828-2).
Covergestaltung: Vivien Summer unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com: © Only background, © Jiri Hrebicek, © Wilqkuku
Lektorat: Daniela Höhne
Herzlichen Dank an dp!
Die DIGITAL PUBLISHERS GmbH hat mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, wofür ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte! π
Bei dieser Rezension handelt es sich um eine Form unbezahlter Werbung.
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